An Ostern sollte es mal wieder etwas internationales Groundhopping sein.
Nach Abchecken diverser Locations fiel die Wahl auf einen Trip nach Prag.
Im Vorfeld hatte ich mich standardmäßig wieder mit einem "Merian Live"-Reiseführer eingedeckt. Finde ich generell sehr empfehlenswert, vor allem die Rubrik der Top Ten und die Geheimtipps der Stadt. Eine Aussage aus dem Reiseführer war, dass man als Normaltourist in Prag niemals Bus fahren wird, weil die Touri-Highlights alle entweder per Metro oder Straßenbahn zu erreichen sind. Das kann ich nur bestätigen und die Tatsache das man zu meinem ersten Reiseziel am Freitagabend - Dukla Prag - nur per Bus anreisen konnte sollte schon ein Fingerzeig sein. Die Location als "außerhalb" zu bezeichnen ist leicht verniedlichend, dass Juliska-Stadion liegt schlicht am Arsch der Heide.
"Schön" auch das es zu dem Spiel keinen Shuttlebus oder ähnliches gab sondern einfach der stinknormale Linienbus fuhr und der war nicht voll, der war nicht scheissevoll, der war pickepackevoll (Copyright Arnd Zeigler). Irgendwann war dann die Busfahrt zu Ende und man wurde irgendwo in der Prärie rausgeschmissen, direkt vorm Kassenhäuschen
Für sehr geschmeidige 180 tschechische Kronen (ca. 7 Euro) sollte es ein Haupttribünenticket sein, was allerdings Etikettenschwindel darstellt, denn das Juliska-Stadion hat schlicht nur eine Tribüne
Man muss sich das so vorstellen, Tribüne, davor Rasenplatz, außenrum Laufbahn, feddisch. An ein Haus was da irgendwie in der Pampa rumstand hat man dann noch eine Anzeigetafel montiert und gut iss. Sehr vertrauenserweckend auch das freischwebende Stromkabel von der Tribüne abgehend in Richtung Flutlicht
Wir reden hier wohlgemerkt von einem Erstligaspiel...
Die Partie war durchaus klangvoll, Dukla Prag gegen Sigma Olmütz, wobei man sagen muss das Dukla Prag nicht mehr der Verein ist der früher Meisterschaften in Serie geholt hat. Es ist eigentlich gar nicht so recht klar was der Verein eigentlich ist, denn das ehemalige Dukla Prag wurde verscherbelt und kickt nach Umbenennung mittlerweile in Pribram. Die verbliebenen Jugendmannschaften gründeten dann Dukla Prag neu und sind mittlerweile auch wieder Erstligist. Eigentlich schade denn der Verein war wirklich mal eine internationale Instanz im Fußball. Bevor sich heutzutage immer nur Messi und Ronaldo um den Ballon d´Or kloppen gewann das Teil 1962 auch mal Masopust von Dukla Prag, in dem Jahr auch Vizeweltmeister mit der Tschechslowakei.
Zurück zur Gegenwart, dem Freitagabend, lausig kalt und mit knapp 1.800 Zuschauern auch nicht gerade berauschend besucht. Nichtsdestotrotz sollte sich der Trip lohnen denn es gab ein hochunterhaltsames Spiel zu besichtigen...
27 Minuten sind gespielt als eine Flanke von links in den Strafraum von Olmütz segelt und Ivan Schranz, der ob seiner Statur eigentlich besser Schrank heißen sollte, köpft die Kugel herrlich gegen die Laufrichtung des Torwartes in die lange Ecke. Eins zu null für Dukla, frenetisch gefeiert von dem harten Kern der knapp 50 Supporter auf der Mitte der Tribüne.
Nur wenige Minuten später gibt es Freistoß für Dukla in der eigenen Hälfte gut 30 Metern entfernt vom eigenen Tor, der erste geht zum Freistoß, breitet die Hände aus, keine Anspielstation, der zweite kommt, dasselbe Spielchen, der dritte kommt und kickt das Ding zum eigenen Goalie zurück. Die in der Situation hervorragend pressenden Olmützer hatten schlicht alle Passwege zugestellt und gingen auch direkt mit Karacho auf den Torwart von Dukla zu. Der wollte sich dann auch elegant per Heber über den heranstürzenden Reznicek befreien, schoss ihm das Leder allerdings direkt auf die Brust, Reznicek umspielt noch gemütlich den Goalie und schiebt zum 1:1 ein. Dumm gelaufen hoch drei...
Halbzeit, was generell auffällig war, die große Anzahl anwesender Deutscher bzw. deutsch sprechender im Stadion. Direkt hinter mir ein Paar bei dem mir der weibliche Part ehrlich gesagt irgendwann tierisch auf den Sack gegangen ist. Auszüge von Dialogen aus der ersten Halbzeit...
Sie: "Duhuu, Schatz, hast du das Foto von hier schon in die WhatsApp-Gruppe von deiner Mannschaft gepostet?..."
Die Dame die ganze Zeit am Telefonieren, er leicht genervt "mit wem telefonierst du denn dauernd?" (er hätte besser nicht gefragt)...
Sie "Ja, also das ist die Marie und die Marie hat da so einen süßen Typen kennengelernt und den findet sie ja so toll und mit dem hat sie dies und das und hastenichtgesehen und außerdem ist das ja ganz kompliziert, weil sie denkt ja das er sie gar nicht richtig lieben würde und *fünf-Minuten-nonstop-saierlabergewäsch*...
AHHHHHHHH
Paar Minuten später...Sie: "Duhuuu Schatz, sag mal wie findest du denn die Möbelgarnitur, die hab ich hier gerade beim Surfen auf Ebay entdeckt, findest du die passt zu unserer Tapete und *wieder-Minimum-fünf-Minuten-Monolog-des-weiblichen-Parts"...
AHHHHHHHHHHH
Zum Glück sind die in der Halbzeit Essen fassen gegangen und haben sich dann woanders hingesetzt...
Nach der Pause setzte sich dann erstmal die latent doch bessere Qualität der Olmützer durch und Reznicek legte mit dem 1:2 und 1:3 mal eben einen Dreierpack an Toren hin, was ihm wohl offensichtlich in seiner Profilaufbahn noch nie gelungen ist. Direkt nach dem 1:3 flog aus der Traube der Supporter von Dukla ein voller Bierbecher in Richtung Spielfeld, kam aber nicht so weit sondern klatschte einem unbeteiligten Zuschauer volle Möhre an den Hinterkopf
Der Zuschauer war darüber so erbost das er in Richtung der "Ultras" stürmte und gefühlt jeden dort zur Rede stellte von wem zum Henker der Becher geworfen wurde. Durch konsequenten gegenseitiges Beschuldigen der Ultras war wohl offensichtlich doch kein direkter Schuldiger zu finden und so stapfte er unverrichteter Dinge wieder zurück an seinen Platz
Doch Dukla schlug tatsächlich nochmal zurück, als Kusnir nur wenige Minuten nach dem 1:3 mal eben einen Freistoß aus gut 25 Metern direkt versenkte. Die letzten zwanzig Minuten waren dann ebenso wie das komplette Spiel einfach nur ein offener Schlagabtausch der einen Heidenspaß beim Zusehen gemacht hat. Beeindruckend fand ich das gezeigte athletische Niveau, von den anwesenden Akteuren könnte meiner Meinung nach jeder in Deutschland locker dritte Liga spielen, die besten sogar definitiv zweite Liga. Das war generell schon sehr ansehnlich.
Besonders hervorzuheben ist bei der Partie auch die blitzesaubere Schiedsrichterleistung von Pavel Franek. Der Sportskamerad hat eine klare Linie gehabt und unaufgeregt seinen Stiefel runtergepfiffen, den hätte ich am liebsten Huckepack zu unserem nächsten Spiel getragen - 1a Leistung.
Nach Ende der Partie sollte sich ein weiterer Hinweis aus dem Reiseführer bewahrheiten, in Prag bloß kein Taxi zu fahren, weil die Taxifahrer dort alle Gauner sind. Wie sich zeigen sollte, auch hier wieder eine absolut richtige Aussage. Auf dem Rückweg hatte ich nämlich ehrlich gesagt keinen Bock mehr nochmal im asozial überfüllten Linienbus zu fahren. Also rein ins Taxi, wo ich hinwill, ja zur Metrostation Hdrzungenbrecherhastenichtgesehenstation, er so okay. Wir fahren zwei Minuten, wo ich denn untergebracht wäre, ich so im Hotel, er dann welches, dass wäre doch bestimmt in der Innenstadt und er könnte mich ja auch zum Hotel fahren. Ich so, ne zur Metrostation, er okay. Ne Minute später, wo denn mein Hotel wäre, weil wenn das in der Innenstadt wäre könnte er mich ja auch direkt zum Hotel fahren. Ich, nee zur Metrostation, er okay. Minute später, wie denn mein Hotel heißen würde, dass wäre doch bestimmt in der Nähe und er könnte mich ja dann auch dort hinfahren
Irgendwann waren wir dann an der Metrostation angekommen wo er es sich nicht nehmen ließ mich auch wirklich direkt vor den Eingang zur Unterführung zu fahren, um auch noch die letzte Krone aus der Fahrt zu pressen. Ich hatte dann den Betrag nicht passend, ging das nächste Spielchen los "uhh, Wechselgeld, ganz schlecht"
Am Ende hat er aus den entlegensten Winkeln des Taxis doch noch was zusammengekratzt und für das fehlende hat er mir dann noch zwei Euro "on Top" angeboten, da habe ich den Typ einfach nur fett ausgelacht. Aber gut, zwei Euro nehmen und an der Stelle einen nicht gerade guten Schnitt machen oder von dem Typ abgestochen werden, da habe ich dann doch lieber die zwei Euro genommen
Ende Freitag - To be continued...