Presse, 24.04.2023

[Pressesprecherin]

Quelle: Die Rheinpfalz vom 24.04.2023

Überlegenheit alleine genügt nicht

Fussball: Der SV Waldhof hat Dresden am Rande einer Niederlage, verliert aber trotzdem

VON MICHAEL WILKENING

DRESDEN.
Der SV Waldhof Mannheim wird nach menschlichem Ermessen den Aufstieg in die Zweite Fußball-Bundesliga verpassen. Das Spiel in Dresden steht sinnbildlich für die zurückliegenden Wochen.
Wäre Christian Neidhart Thomas Tuchel, hätte er am Samstagnachmittag vermutlich die Anglersprache bemüht und davon gesprochen, den Gegner „am Haken“ gehabt zu haben. Weil Neidhart aber eben nicht Tuchel heißt, sondern Trainer des SV Waldhof Mannheim ist, wählte er eine andere Beschreibung für das, was seiner Mannschaft in Dresden widerfahren war. Am Rande: In diesen Tagen ist es vielleicht sogar ganz gut, nicht Thomas Tuchel sein zu müssen. Gedanken an den berühmten Kollegen aus München verschwendete Neidhart ohnehin nicht, der 54-Jährige konzentriert sein Tun darauf, seine Mannschaft in Mannheim nach vorne zu bringen. Mit dem Aufstieg wird das Schaffen Neidharts in der laufenden Drittligasaison nach menschlichem Ermessen aber nicht mehr belohnt – das offenbarte das 1:2 des SVW am Samstag bei Dynamo. Nicht die gute Vorstellung raubte die Vorstellungskraft, sondern das aus Waldhof-Sicht frustrierende Resultat. „Am Ende gehören wir in der Tabelle nicht unter die ersten Drei“, sagte Neidhart und begründete die Feststellung mit einer Gesamtschau auf die zurückliegenden Wochen: „Wir haben es in Wiesbaden, in Saarbrücken und in Dresden nicht geschafft, unsere Überlegenheit in gute Ergebnisse umzusetzen.“ Die Argumentation ist schlüssig, wenngleich eine 38 Spiele umfassende Saison nicht in 3 x 90 Minuten entschieden wird. Allerdings sorgten die Duelle bei den direkten Konkurrenten um den Aufstieg für Verdruss. In jeder Partie waren die Mannheimer in Phasen des Spiels hochüberlegen, doch letztlich reichte es nicht einmal zu einem Punkt – obwohl die Waldhöfer in zwei der drei Spielen sogar in Führung gegangen waren. Unvermögen, Pech und gewiss auch fehlende individuelle Qualität im Vergleich mit den Kontrahenten waren ursächlich für die Misserfolge. In Dresden hatte Dominik Martinovic früh für die Mannheimer getroffen (5.), die anschließend gut spielten und weitere große Chancen herausspielten. In weiten Teilen der zweiten Halbzeit dominierte der SVW das Geschehen auf dem Rasen und war einer Führung nah. Doch Dynamo drehte durch Tore von Ahmed Arslan (31.) und Stefan Kutschke (73.) die Partie. Fünf Spieltage vor Schluss haben die Waldhöfer dadurch fünf Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz der Dritten Liga. Die positive Botschaft aus Sicht der Mannheimer lautet: Noch ist nicht alles verloren, und das Restprogramm offenbart Gegner, die allesamt nicht zu den Topteams zählen. Dennoch ist schwer vorstellbar, dass der SVW 15 Punkte sammelt und gleichzeitig alle Konkurrenten entsprechend Zähler liegenlassen. „Wir nehmen jede Partie wie ein Endspiel“, sagte Martinovic dennoch angriffslustig und machte nicht den Eindruck, in den finalen Wochen der Spielzeit an Engagement nachlassen zu wollen: Die kleine Restchance lebt in den Köpfen der Waldhof-Profis. „Solange es rechnerisch möglich ist, glauben wir daran“, sagte Martinovic. Die Leistung in Dresden bestärkt die Blau-Schwarzen ebenso wie die Aussicht, am Freitag im eigenen Stadion spielen zu können. Gegen den Halleschen FC, der um den Drittligaverbleib bangt, sind die Waldhöfer klarer Favorit – und schließlich statistisch die beste Heimelf der Liga.