Quelle: Die Rheinpfalz am Sonntag vom 23.04.2023
Aus den Träumen gerissen
VON MICHAEL WILKENING
DRESDEN. „Das wird noch eine bittere Heimfahrt“, sagte Dominik Martinovic. Der Stürmer des SV Waldhof Mannheim war bedient, und seine Kollegen waren es auch. Vermutlich haben die Blau-Schwarzen am Samstag endgültig die Chance vertan, in die zweite Liga aufzusteigen, obwohl sie sich nicht viel vorzuwerfen hatten. Im Grunde sogar gar nichts, denn die 1:2 (1:1)-Niederlage der Waldhöfer bei Dynamo Dresden entsprang Pech und einer heiß diskutierten Entscheidung von Schiedsrichter Florian Heft. „Der Sohmi sagt, das war nie ein Elfer“, sagte Florian Riedel. Der Innenverteidiger hatte wie in den Vorwochen auch eine starke Leistung gezeigt, aber auf Glückwünsche hatte Riedel keine Lust. Er ärgerte sich viel mehr über eine Szene in der 29. Minute, die die Wende in einer Partie einleitete, die die Mannheimer über weite Strecken bestimmten. Bei einem Freistoß von der Seite rangelten Stefan Kutschke und Pascal Sohm miteinander. Kutschke hielt Sohn, der Waldhof-Stürmer revanchierte sich beim Dynamo-Angreifer – und Heft entschied auf Elfmeter für die Sachsen. „Kutschke macht das superclever, aber er hält mich, dreht sich rein, lässt sich fallen und zieht mich mit runter“, sagte Sohm. Die TV-Bilder lieferten Argumente für die Sichtweise von Sohm und für die Entscheidung des Schiedsrichters. Letztlich handelte es sich um eine im Fußball genannte „50/50-Entscheidung“, die gegen den SVW ausfiel. Ahmet Arslan traf mit einem strammen Schuss aus elf Metern zum 1:1 (31.), nachdem die Mannheimer durch Martinovic nach Sohm-Flanke in der fünften Minute in Führung gegangen waren. Der SVW traf mit der ersten Gelegenheit der Partie, verdiente sich den Vorsprung anschließend aber mit einer konzentrierten Vorstellung, weshalb das Remis zur Pause bitter war. Es sollte noch bitterer werden, denn in der zweiten Halbzeit waren die Waldhöfer zeitweilig drückend überlegen, doch das entscheidende Tor schoss Dynamo. Die Dresdner perfektionierten mit dem glücklichen Erfolg den Höhepunkt ihrer 70-Jahr-Feierlichkeiten, die in der mit 29.210 Menschen gefüllten Arena in einer Vielzahl von Choreographien Ausdruck fanden. Die Anhänger von Dynamo feierten ihren Klub und sich selbst zeitweise so enthusiastisch, dass das Geschehen auf dem Rasen fast zur Nebensache wurde. Der Höhepunkt der Überlegenheit der Waldhöfer bedeutete die Chance von Martinovic in der 68. Minute, der nach einem feinen Angriff und einer klugen Vorarbeit von Marten Winkler mit seinem Seitfallzieher das Lattenkreuz traf. Ein paar Zentimeter fehlten zur verdienten Führung für die Mannheimer, die spielerisch überzeugten und es so schafften, die Offensivkräfte der Dresdner weitgehend aus dem Spiel zu nehmen. Aber nicht ganz, denn Dynamo reichte ein heller Moment, um zum 2:1 zu kommen. Einmal gelang es dem SVW nicht, die Außenbahn zu versperren, so dass eine maßgeschneiderte Flanke auf dem Kopf von Kutschke und von dort im Tor landete (73.). Die Schlussoffensive des SVW gipfelte in einer Chance von Sohm, doch dessen Schuss strich am Pfosten vorbei (90.). Oft hatten die Waldhöfer in der laufenden Saison nicht sonderlich gut gespielt, aber gewonnen – im vermutlich entscheidenden Duell bei einem Mitkonkurrenten um den Aufstieg stimmte die Leistung, aber das Ergebnis nicht. „Ich bin richtig sauer“, sagte Waldhof-Coach Christian Neidhart nach dem Spiel. Vermutlich ist die Aufstiegschance nun dahin, trotz einer formidablen Vorstellung – er hat also allen Grund dazu.