Quelle: Die Rheinpfalz vom 03.04.2023
Schlafmützig im Saarland
Fussball: Jauchzende Saarbrücker bleiben auf Kurs Richtung Spitze – geknickte Mannheimer hecheln hinterher. Beim 2:1 (0:1)-Derbytriumph des 1. FCS über den SV Waldhof hat das glücklichere Team gesiegt. Die Gäste spielten vor allem vorm Seitenwechsel klar besser – gönnten sich dann aber einen Minuten-Schlaf mit spielentscheidenden Folgen.
VON CHRISTIAN HAMM
SAARBRÜCKEN. „Ja, wie willste denn den wegschubsen? Das geht ja überhaupt nicht ...“: Calogero Rizzuto lehnte zehn Minuten nach dem Abpfiff hinterm Spielertunnel tiefenentspannt an der Wand zum Kabinengang. Belustigt sinnierte der Linksverteidiger des 1. FC Saarbrücken mit einem Waldhöfer Kollegen über die Urwucht im Saar-Sturm. „Der kommt da so breit an, hält die Arme raus - und wenn Du nicht vor ihm da bist, musst du dich in der Schlange anstellen“, beschrieb Rizzuto, was sein Gesprächspartner Florian Riedel selber weiß – und am Sonntag hautnah erlebt und erlitten hat. Die Rede war von Adriano Grimaldi. Der Joker war es, der zwar nicht selbst getroffen, aber das Türchen zum Sieg der Saarbrücker aufgestoßen hat. Na ja, vielmehr gerammt. Binnen vier Minuten hat der 1. FCS die Partie gedreht und am Schluss einen Derby-Sieg bejubeln dürfen. Nach einer zunächst dürftigen, später hochspannenden und auch temporeichen Partie jauchzte die glücklichere Elf. „Ich denke, ein Remis wäre okay gewesen“, sagte SVW-Trainer Christian Neidhart seufzend. Stimmt. Aber da gab’s eben diesen – sehr beweglichen – Klotz im FCS-Dress, der da vorne tobte, stampfte, köpfte, ballerte. Mit Grimaldi stand nach der Pause „gefühlt eine andere Mannschaft auf dem Feld“, sollte Rüdiger Ziehl später resümieren. Der Trainer und Manager hatte Sturmspitze Marvin Cuni zum Duschen und Grimaldi ins Gefecht geschickt. Und vom Anpfiff weg brachte der zehn Jahre ältere Stürmer genau das mit, was Ziehl in der Kabine gefordert hatte: „Körpersprache, Leidenschaft, Einsatz.“ Aber das allein war’s nicht. Grimaldis Auftritt fiel just in eine Phase, in der die Badener wohl fanden, es sei Zeit für ein Schläfchen. „In sieben Minuten haben wir das Spiel hergegeben. Obwohl wir sonst gut ja gespielt haben“, haderte Neidhardt mit dem kollektiven Schlummer seines Teams nach der Pause. Bjarne Thoelke war eben noch per Kopf gescheitert, kurz darauf aber zur Stelle: Grimaldi war unruhestiftend in die dritte Etage gestiegen. Thoelke kann das zwar auch, blieb aber am Boden, köpfte den Ball im Stehen ins Tor und veredelte damit eine Ecke von Richard Neudecker (49). Weil's so schön war, legten die Saarländer noch rasch einen nach: Lukas Boeder war nach einem Gewimmel im Waldhof-Strafraum hellwach und wuchtete den Ball aus kurzer Distanz ein (53.). Vorangegangen war wieder eine Standardsituation. Die Gästen hatten schon nach einem Freistoß von Kasim Rabihic den Ball nicht weggekriegt. Ebenso konfus trat die versammelte Defensiv-Riege nach der Folge-Ecke in Richtung Ball, ohne ihn zu treffen. „Wir haben’s nicht geschafft, die ruhenden Bälle zu verteidigen. Bei Standards waren die Saarbrücker stark. Aber aus dem Spiel heraus habe ich in der ersten Halbzeit nichts Gefährliches gesehen“, brachte es Neidhart auf den Punkt. Später hatte der FCS Gelegenheit, auch aus dem Spielfluss mündend Gefahr zu versprühen: Da konterten die Saarländer fröhlich auf heimischem Feld, während der SVW nichts unversucht ließ, zumindest noch den Ausgleich zu erzielen. Berkan Taz war mit einem Freistoß an die Latte noch am nächsten dran. Plötzlich war das Derby höchst flott. „Es wäre schön gewesen, wenn wir da mal das dritte Tor machen“, kommentierte Siegtor-Schütze Boeder die vergebenen Chancen in der Schlussphase. Die dickste ließ Dave Gnaase liegen, als er nach einer feinen Grimaldi-Vorlage ein Luftloch trat (84.). Zwei Tore – zweimal mussten auf Saar-Seite Verteidiger erledigen, was den Offensivleuten nicht gelang. Für Bjarne Thoelke indes war der Ausgleichstreffer eine Genugtuung. Der Abwehrriese hielt eine fette Aktie am Waldhöfer Führungstreffer: Marten Winkler war ihm auf der linken Flanke entwischt, hatte Thoelke im Sprint stattliche Meter abgenommen. Winkler steuerte nach innen und schloss aus spitzem Winkel ab – klasse. FCS-Abwehrchef Manuel Zeitz war zu spät, Keeper Daniel Batz pfiff der Ball unhaltbar am Kopf vorbei (22.). Die Führung war folgerichtig – weil Waldhof nach beiderseits arg zäher Anfangsphase klar besser kickte. Die schläfrigen Minuten aber bescherten dem SVW die dritte Pleite in Folge.